In fast jeder Familie gibt es Konflikte. Es kann gut vorkommen, dass Eltern ihre Kinder enterben bzw. der Ehemann die Ehefrau usw. Nach deutscher Rechtslage ist das auch möglich, wenn der Erblasser ein entsprechendes Testament macht. Ist ein Testament so gestaltet, dass ein naher Angehöriger enterbt wird, bedeutet das nicht, dass er gar nichts bekommt. Er hat Anspruch auf einen Pflichtteil. Um den Pflichtteil zu erhalten, muss man allerdings von sich aus aktiv werden. Automatisch, wie oft geglaubt wird, läuft das nicht. Wer enterbt wurde und Ansprüche geltend machen kann, muss diese Ansprüche gegenüber den Erben geltend machen.

Wer hat Anspruch auf einen Pflichtteil?

Im Pflichtteilsrecht, wie es zum Beispiel von Volker Köckritz - Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht in Bremen vertreten wird, ist eindeutig geregelt wer die anspruchsberechtigten Personen sind. Unter den Begriff nahe Angehörige fallen die Kinder, unabhängig davon ob sie ehelich, unehelich oder adoptiert sind. Ehegatten, wenn die Ehe zur Zeit des Erbfalls noch bestanden hat, Partner einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Falls der Erblasser keine Kinder hatte, haben seine Eltern ebenfalls Anspruch auf einen Pflichtteil. Enkel und Urenkel des Erblassers haben nur dann einen Anspruch, wenn sie selbst enterbt wurden und ihre Eltern nicht mehr leben. Keine Ansprüche können Geschwister und Großeltern erheben.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Wer vom Erblasser enterbt wurde, dem steht die Hälfte seines gesetzlich festgelegten Erbteils zu. Das Pflichtteilsrecht sieht bei der Berechnung der Höhe folgendes vor: in einem ersten Schritt müssen alle Verwandten ermittelt werden, selbst wenn sie von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind. Hat jemand zu Lebzeiten des Erblassers in einem Vertrag auf das Erbe verzichtet, wird der nicht mitgerechnet. Im nächsten Schritt wird die Höhe des Nachlasses ermittelt. Grundsätzlich gilt der Verkehrswert, das ist jener Wert der erzielt werden könnte, wenn die Erben verkaufen. Die Festsetzung des Wertes kann sich schwierig gestalten, wenn es z. B. um Grundstücke oder Unternehmen geht. Vom Verkehrswert werden die Begräbniskosten und Verbindlichkeiten aus dem Nachlass in Abzug gebracht. Kommt es zu Streitigkeiten ist es üblich einen Sachverständigen zu beauftragen. 

Was ist der Pflichtteilergänzungsanspruch?

Der Pflichtteil kann auch noch ergänzt werden. Wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten sein ganzes Vermögen oder einen Teil davon verschenkt hat, aber zwischen Todesfall und Schenkung noch keine 10 Jahre vergangen sind, wird die Schenkung in den Pflichtteilsanspruch eingerechnet. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er finanziell so gestellt wird, als wenn die Schenkung nicht stattgefunden hätte. Um die Schenkung in diesem Fall einzurechnen, sieht das Gesetz eine stufenweise Vorgangsweise vor. Hat die Schenkung ein Jahr vor dem Ableben des Erblassers stattgefunden, wird sie zu 100 % eingerechnet. Erfolgte sie zwei Jahre davor werden 90 % eingerechnet usw.

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